12. AgenturCamp in Düsseldorf - das erste Mal mit UEBERBIT
Unter dem Motto „Treffen. Teilen. Machen.“ kommen seit 2016 mehrmals im Jahr Inhaber, Verantwortliche und Mitarbeiter aus der Agenturbranche in verschiedenen Städten zum Informationsaustausch auf Augenhöhe zusammen. Die Veranstaltung ist als Barcamp organisiert, d. h. die Inhalte werden vor Ort abgestimmt und von den Teilnehmern selbst präsentiert und diskutiert. Letzte Woche fand das 12. AgenturCamp statt – bei sipgate in Düsseldorf. Beim gemeinsamen Frühstück konnten sich die Teilnehmer kennenlernen und erste Kontakte knüpfen, danach ging die Veranstaltung pünktlich um 10 Uhr mit einer Einleitung durch Hans-Gerhard Kühn los. Die Session-Planung erfolgte kurz und knackig, und da kein Vorschlag auf Ablehnung stieß, war das Session-Board innerhalb kurzer Zeit gut gefüllt.
No more Waste. RE.A.L. Prozess
„No more Waste. RE.A.L. Prozess” – ein Session-Titel, der mein Interesse weckte. Sven Ditz von der Hamburger Agentur Sitegeist stellte deren agilen Weg zur Projektabwicklung vor. Der auf den ersten Blick radikale und polarisierende Ansatz scheint für die Agentur seit der Umstellungen vor vier Jahren gut zu funktionieren. Primär geht es darum, alte Zöpfe abzuschneiden und einen kompromisslos agilen Ansatz zu fahren. Kein Pflichtenheft, keine Schätzungen bzw. nur „raw estimations“, dabei durch Leistung schnell Vertrauen aufbauen, kontinuierlich kleine Arbeitspakete abliefern, den Kunden mehr in die Verantwortung nehmen. Das geht hin bis zum „Pitch Crash“, wo Sitegeist schon in eine programmatische Vorleistung geht, um mit technischer Kompetenz und Agilität punkten zu können. Viele Praktiken erinnern an unsere Vorgehensweise bei UEBERBIT, Sitegeist geht aber noch einen Schritt weiter.
Sven trug sein Modell so überzeugt (und auch ein bisschen unkritisch vor), dass man förmlich hören konnte, wie den Zuhörern der Kiefer nach unten klappte - meiner Meinung nach der beste und inspirierendste Talk auf dem Camp. In der anschließenden Diskussion trat die heterogene Zusammensetzung der Veranstaltung zu Tage: Von der Werbe-, PR-, Fullservice- bis hin zu reinen Digitalagenturen war alles vertreten. Im kurzen Gespräch nach dem Talk stellten Sven und ich fest, dass wir sogar einen gemeinsamen Kunden haben und unsere Entwicklerkollegen im Projektaustausch stehen.
Leistungsgerechte Vergütung
Beim Talk „Leistungsgerechte Vergütung“ sprachen drei Mitarbeiter von Mittwald (ca. 150 Mitarbeiter) in kleinerer Runde über ihr System zur leistungsgerechten Bezahlung. Dabei wurde ein Prozess entwickelt und eingeführt, mit dem Kollegen mittels vier Fragen andere Kollegen bewerten können. Über einen Algorithmus werden diese Bewertungen miteinander verglichen und die Mitarbeiter in Gehaltsbänder eingeteilt. Eines der Ziele ist es, die stillen Leistungsträger ausfindig zu machen und entsprechend zu entlohnen. Nach Auswertung aller Bewertungen kam eine Erhöhung der Lohnkosten von ca. 4 % heraus. Ein Gremium von je vier Personen aus Management und Mitarbeiterkreis steuert den Prozess. Mitarbeiter, deren Bewertung unter der bisherigen Vergütung liegt, erhalten Feedback, das Gehalt wird aber erstmal nicht nach unten korrigiert.
Da dieses System erst seit einem halben Jahr in Betrieb ist, bin ich sehr gespannt, wie es sich weiterentwickelt. Die geplanten halbjährlichen Neubewertungen betrachte ich als einen der schwierigen Punkte in der Umsetzung.
Communication Overflow
An meiner eigenen Session nahmen verhältnismäßig wenige Personen teil, was aber den Vorteil hatte, dass wir uns der Problematik gut annehmen konnten. Es stellte sich schnell heraus, dass alle mit einer Vielzahl von Kommunikationskanälen zu kämpfen haben. Jeder setzt inzwischen auf ein oder mehrere Instant-Messaging-Tools (Skype, Slack, Rocket.Chat), diverse Ticket- und Kollaborationssysteme (Redmine, Jira, Confluence), Videoconference-Software (Appear.in, jitsi.org, gotomeeting.com) neben den Klassikern wie E-Mail und Telefon. Der einzige sinnvolle Ansatz, dieser Vielzahl von Kanälen Herr zu werden, scheint die Einschränkung auf kommunikationslose Zeiträume, in denen dann fokussiert gearbeitet werden kann. Das Thema wird uns zukünftig im Rahmen von Effektivitäts- und Effizienzoptimierungen bestimmt weiter beschäftigen.
InfluencerDB
Influencer und das Geschäftsmodell dahinter sind eigentlich nicht relevant für UEBERBIT, mich persönlich interessiert das Thema aber, und ein Blick über den Tellerrand schadet nicht. @mr_duesseldorf alias Timo Beck berichtete sehr gut und übersichtlich von seiner Arbeit. Er sammelte Erfahrungen, indem er über sechs Jahre hinweg die Marke „Mr. Düsseldorf“ aufbaute und sich ausprobierte. Inzwischen fungiert er als Director Social Ads bei social-match.com, die eine Plattform zur Suche und Vermittlung von Influencern betreiben.
Unternehmensführung bei sipgate
Der wahrhaft krönende Abschluss des ersten Tages war eine geführte Tour durch die Büroräume von sipgate. Dass sipgate ein Vorzeigeunternehmen unter dem Label „New Work“ ist, war mir schon vorher bekannt. Die ganzen Ideen und Ansätze im Detail zu erfahren war aber dennoch beeindruckend. Von der Gestaltung der Arbeitsräumlichkeiten über die Art und Weise der Zusammenarbeit und des Weiterbildungsansatzes bis hin zur eigenverantwortlichen Gestaltung persönlicher Aufgaben erhielten wir einen klasse Einblick ins Unternehmen.
Danach saßen die Besucher gemeinsam bei Steaks, Würstchen und Bier im Hof zusammen und ließen den Tag Revue passieren.
Scrum in a Nutshell
Tag 2 begann nach ausgiebigem Frühstück bei sipgate mit einer Gruppenarbeit, bei der der erste Tag resümiert und die Learnings kurz mündlich zusammengefasst und vorgestellt wurden. Danach ging es mit Sessions weiter.
Scrum in einer dreiviertel Stunde erklären und am Flipchart visualisieren, das war das Ziel von Mario. Dies gelang ihm auch ganz gut, die Fragen der anwesenden Zuhörer konnte er hervorragend beantworten. In diesem Talk fiel mir wieder einmal auf, wie weit wir uns in der Digitalbranche von klassischen Agenturen entfernt haben. Für etliche Teilnehmer war Scrum zwar als Begriff bekannt, aber nur wenige haben sich damit schon versucht.
Best of Agilität – vier Jahre Kanban und Co
Sven von Sitegeist teilte seine Erfahrungen mit agilen Projekten. Dazu berichtete er über die organisatorische Vorgehensweise in seiner Agentur. Es gab Bilder von riesengroßen (bis zu 6 Meter breiten) Kanban-Boards zu bestaunen. Geschichtlich ging er noch auf die Herkunft von Kanban ein, das ursprünglich von der japanischen Autoindustrie entwickelt wurde. Damit konterte er einige kritische Stimmen, wonach so etwas im Agentur-Business nicht umsetzbar sei. Darauffolgend stellte er sich noch für ein Q & A zur Verfügung, wo Zuhörer des Talks „RE.A.L.“ vom Vortag Fragen stellen konnten. Der offene Umgang mit dem Thema führte auch hier zu guten Ergebnissen.
Zum Mittagessen gab es Wachteln und gegrillte Aprikosen mit Kirschsorbet. 😃 Kulinarisch bewegte sich die Veranstaltung also auch auf sehr hohem Niveau. Mit diesen Leckereien und ein paar netten Gesprächen mit anderen Teilnehmern ließ ich das 12. AgenturCamp ausklingen.