Daniel Bönisch, Geschäftsführer, Gesellschafter und Gründer 24.11.2022

Ein Multisite-System für alle Fälle?

Multisite-System

International arbeitende Unternehmen stehen oft vor der Herausforderung, im Internet weltweit präsent zu sein. Dabei begegnen uns zwei grundsätzlich verschiedene Strategien. Viele Firmen setzen auf einen zentralistischen Ansatz und diversifizieren Informationen auf einer Website über eine Anzahl von Sprachversionen. Die Vorteile sind augenfällig: Maximale Kontrolle über Form und Inhalt der Unternehmenskommunikation und überschaubarer Aufwand bei der Pflege und beim Betrieb der Webpräsenz. Im Gegensatz dazu verfolgen zahlreiche Unternehmen einen dezentralen Ansatz und arbeiten mit einer (oft unüberschaubaren) Anzahl von Websites. Länderniederlassungen und Tochterunternehmen haben hier zum Beispiel die Möglichkeit, dezidiert und lokal effektives Marketing zu betreiben und die Bedürfnisse von Unternehmenseinheiten nach einer gewissen Autonomie zu befriedigen.

Oftmals fürchten Organisationen jedoch einen Kontrollverlust, wenn sie Unternehmenseinheiten auf der ganzen Welt diesen Grad der Autonomie ermöglichen. Zudem sind die Kosten für die Erstellung, für das Hosting und den Betrieb der unzähligen Websysteme erheblich – wenn auch selten transparent. Bei einem großen internationalen Konzern hatte es nach der Überarbeitung des Corporate Designs über zwei Jahre gedauert, bis auch auf der letzten Website das alte Logo verschwunden war. Kaum jemand wagte sich dort je an die Überprüfung der fremdsprachigen Inhalte und stellte sicher, dass diese inhaltlich oder in ihrer Ansprache den Unternehmensvorgaben genügen.

Inzwischen setzen zahlreiche Unternehmen auf sogenannte Multisite-Systeme, die man am einfachsten so beschreibt: Ein technisches System kann dazu genutzt werden, unterschiedliche Websites unter unterschiedlichen Domains zu veröffentlichen und zu pflegen. Damit verbinden Multisite-Systeme die Vorteile eines zentralen Systems (Kontrolle über Inhalt und Form, Kosteneinsparungen bei Erstellung und Pflege des einen Websystems) mit den Möglichkeiten, die sich mit regionalen Websites ergeben (bspw. Sichtbarkeit bei regionalen Suchen in den Suchmaschinen). Mehrere Dutzend Websites auf einem solchen Multisite-System sind keine Seltenheit, oft geht die Anzahl der dort gemanagten Websites weit darüber hinaus. Und oft wird so ein System nicht nur dazu genutzt, Websites von einzelnen Länderniederlassungen zu publizieren. Es lassen sich auch Produktwebsites damit erstellen, Landingpages, Themenwebsites zu Fragen wie Nachhaltigkeit oder zur Investorenkonferenz. Ein Unternehmen verfügt damit über einen eigenen „Website-Baukasten“, aus dessen Funktionsangebot sich schnell und unaufwändig beliebige Web-Angebote zusammensetzen lassen.

Einigen unserer Kunden hat ein solches System in bestimmten Regionen erst zur Sichtbarkeit im Web verholfen, da die dortige Unternehmenseinheit sich nicht um entsprechende Maßnahmen kümmern konnte oder wollte. Das Angebot der Zentrale wurde dankbar angenommen und als Service interpretiert. Doch manchmal bestehen etwa Tochterunternehmen auf eine gewisse Autonomie bei der Ansprache ihrer Kunden und der Präsentation von Produkten und Dienstleistungen. Ein gutes Multisite-System kennt daher unterschiedliche Autonomie-Level: Von der komplett zentral ausgespielten Website ohne Zugang für externe Redakteurinnen und Redakteure über eine teilautonome Website, in der die regionalen Mitarbeitenden Zugriff auf einzelne Rubriken und Seiten haben bis hin zur völlig unabhängigen Website, die praktisch in alleiniger Verantwortung der regionalen Niederlassung liegt.

Die visuelle und inhaltliche Konsistenz der verschiedenen Webangebote sichern solche Systeme durch eine Reihe von Optionen, von denen hier nur zwei beispielhaft genannt werden sollen:

  • Ein Design-System sichert die CD-konforme und einheitliche Darstellungsweise. Jede Website, die auf dem Multisite-System läuft, nutzt etwa dieselben Seiten-Templates und Funktionselemente. Unternehmen können immer noch zentral entscheiden, dass einzelne Websites im Erscheinungsbild Abweichungen zugestanden werden oder vielleicht sogar ein völlig eigenständiges Layout nutzen sollen. Solche Anforderungen wurden oft im Zusammenhang mit Special-Interest-Seiten an uns herangetragen, wie etwa beim Angebot des Nachhaltigkeitsberichts auf einer speziellen Themen-Website. Um hier Variationen zu ermöglichen, muss lediglich das Design-System entsprechend erweitert werden.
  • Shared Content: Hier steht allen Redakteurinnen und Redakteuren ein zentrales Verzeichnis mit grundlegenden Unternehmens-Seiten in den wichtigsten Sprachen zur Verfügung. Diese Seiten können für die eigene Webinstanz bezogen und ggfs. angepasst (z. B. übersetzt) werden. Damit lassen sich nicht nur sehr schnell neue Tochter-Websites inhaltlich ausstatten, sondern man hat zugleich Einfluss auf die Inhalte. Das gleiche gilt für Shared-Media-Module, die Medieninhalte (Dokumente, Bilder, Videos etc.) an zentraler Stelle vorhalten. So ist ein gewisser Standard bei der Bebilderung von Seiten sichergestellt, Bilder werden nur gemäß ihrer Lizenzbedingungen eingesetzt und kontrolliert, Datenblätter jeweils in der neuesten und gültigen Version zum Download angeboten.

Ein Corporate-Multisite-System berücksichtigt noch viele andere Aspekte und hilft Unternehmen bei der Internationalisierung und Lokalisierung der Kommunikation und des Marketings sowie beim effektiven und effizienten Einsatz von Ressourcen. Schnittstellen zu Drittsystemen (HR-Systeme, CRMs, Marketing Automation etc.) multiplizieren die Möglichkeiten noch einmal.

Die aktuellen Frameworks, wie etwa Drupal oder TYPO3, bieten alle Möglichkeiten für ein solches System. Die Frage nach der Technologie sollte Sie also nicht vorrangig beschäftigen, wenn Sie sich mit dem Thema befassen möchten. Wir empfehlen vielmehr, sich zunächst grundlegend auf die eigene Strategie – zentral oder dezentral – sowie die Workflows im Unternehmen zu konzentrieren.